18.04.2024, 14:43
Deutsche Torwarttrainerin im Interview - Teil 1
Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat nicht zuletzt dank ihrer starken Torhüterinnen die Olympia-Qualifikation geschafft. Im ersten Teil des großen Interview mit handball-world spricht Torwarttrainerin Jasmina Rebmann-Jankovic über die Stärken von Katharina Filter und Co. und gibt einen Einblick in ihre Arbeit für das DHB-Team.
Du bist zwar erst seit einem halben Jahr dabei und hast nicht den ganzen Weg mitbekommen: Wenn du mal versuchst, das einzuordnen, was ihr mit der Olympia-Qualifikation in Neu-Ulm geschafft habt…?
Jasmina Rebmann-Jankovic: Das ist tatsächlich schwer einzuordnen. Man sieht die Schlagzeilen, dass es 16 Jahre her ist, dass das Handball-Nationalteam der Frauen bei den Olympischen Spielen war. Aber noch ist das überhaupt nicht bewusst, noch bei niemandem. Man kann das gar nicht fassen, nicht wirklich begreifen, was da jetzt gerade passiert ist, dass man das nach so langer Zeit jetzt wieder geschafft hat.
Ich weiß natürlich, was es heißt, dahin zu gehen. Das ist unfassbar.
Kannst du als Bundestrainerin der A-Torhüterinnen uns ein wenig daran teilhaben lassen, wie dieser Erfolg zustande kam? Ihr habt gerade beim Olympischen Qualifikationsturnier eine sehr gute Abwehrleistung mit top Torhüterinnen gezeigt…
Ich denke, was der Markus (Bundestrainer Gaugisch, Anm. d. Red.) mit unserer Abwehr erarbeitet hat, ist ein Prozess, der schon länger andauert. Ich finde, wir haben diese richtig starke Abwehrformation - die wir auch mal wechseln und variieren - auch schon bei der Weltmeisterschaft gut hingekriegt. In der Olympia-Qualifikation war der Trumpf, den Gegner durch Analyse zu sezieren und zu überlegen, wie wir die Abwehr stellen.
Ich finde, dass die Mannschaft das so gut verinnerlicht und verkörpert hat und alle Absprachen deutlich getroffen hat. Dann hatten wir mit Kathi (Katharina Filter, Anm. d. Red.) natürlich in den ersten zwei Spielen eine überragende Leistung dahinter. Wir haben zwar die Dinge auch so gekriegt, wie wir sie gewünscht haben, aber sie hat trotzdem auch noch viele freie Bälle gehalten. Dieses Zusammenspiel mit der Abwehr war überragend.
Wie hast du denn mit den Torhüterinnen - und wahrscheinlich auch der Abwehr - darauf hingearbeitet, dass das möglich wurde?
Es war viel Analyse, von den Bundesligaspielen bei Sarah (Wachter, Anm. d. Red.) - und auch aus der Champions League bei Kathi und der European League bei Dinah (Eckerle, Anm. d. Red.). Da habe ich den Torhüterinnen Sachen mitgegeben, die man bei der WM im letzten Dezember noch ein wenig vermisst hat. Dann sind die Mädels damit auch zu den Torhütertrainern beim Verein gegangen und haben mit ihnen daran gearbeitet.
Wir wollten die Zeit zwischen der Weltmeisterschaft und der Olympia-Qualifikation gut nutzen, weil es das große Ziel war, das Turnier in Neu-Ulm erfolgreich zu gestalten. Wir hatten drei Monate Zeit und hatten zwischendurch auch einen Lehrgang, aber man muss den Fokus auf die Spiele legen und sie haben gezeigt, dass sie bei ihren Vereinen gut gearbeitet haben. Dann hieß es, deren Spiele zu analysieren, immer wieder Kontakt zu haben und während der Lehrgänge intensiv zu arbeiten.
Dein Job als Bundestrainerin der A-Torhüterinnen hat also auch viel damit zu tun, Videostudium zu machen und dann eben mit den Spielerinnen am Telefon oder per Videoschalte in Kontakt zu sein, richtig?
Genau. Es geht darum, die Ligen und die Leistungen zu verfolgen. Die WM-Nachbereitung mit Sarah und Kathi war zum Beispiel im Januar. Danach war meine Aufgabe zu schauen, ob es bei den Dingen, die wir besprochen haben, eine Entwicklung gibt. Das passiert in unserem Fall vor allem über Videostudium. Wir Nationaltrainer haben nicht die zeitlichen Möglichkeiten wie ein Torwarttrainer im Verein. Daher sind wir froh über die technischen Möglichkeiten, die gut funktionieren.
Wie häufig stehst du mit den Nationaltorhüterinnen in Kontakt?
Immer mal wieder. Das kann mal wöchentlich sein oder wir sprechen mal nur alle zwei bis drei Wochen. Aber ich verfolge alles, was sie tun. Markus ist da auch immer fleißig mit dem Schneiden von Videos, weil ich stecke als Torwarttrainerin der SG BBM Bietigheim natürlich auch im normalen Vereinsalltag. Er schickt mir dann die Videos und dann hängt es davon ab, ob die Torhüterin gespielt hat und was ich dort gesehen habe, wie die Kommunikation mit ihnen abläuft.
Kommen sie Nationaltorhüterinnen auch dich zu, wenn sie Feedback brauchen oder bist eher du es, die sich meldet?
Eigentlich ist das eher ein Geben und Nehmen. Meistens kommt die Initiative schon von meiner Seite, aber sie wissen auch, dass ich die Spiele anschaue und mich melde, wenn mir etwas auffällt. Sie wissen aber auch, dass sie genauso auf mich zukommen können, wenn es etwas Wichtiges gibt.
Wie beurteilst du denn die Entwicklung der deutschen Torhüterinnen, die du im Blick hast?
Ich bin sehr September 2023 erst dabei. Da ging es zunächst darum, die Torhüterinnen kennenzulernen. Dinah kam erst später dazu. Ich finde, sie hat sich sofort wieder gut in die Mannschaft reingefunden, da merkt man ihr ihre Reife an. Sie war sofort präsent. Kathi und Sarah entwickeln sich super. Das sind sehr fleißige Torhüterinnen, die auch gerne über Handball reden und nachdenken. Das macht alles deutlich einfacher, dass sie nicht nur von Talent leben, sondern sich auch weiterentwickeln wollen.
Ich denke, die machen alle Riesenschritte. Zumindest in dem halben Jahr, wo ich jetzt dabei war, beobachte ich das so, dass sie in ihren Vereinen auch eine absolute Topbetreuung haben. Man hat natürlich bei Sarah die Entwicklung im Vergleich zum letzten Jahr gesehen, da sie jetzt im Verein (Borussia Dortmund, Anm. d. Red.) mit Clara (Woltering, Anm. d. Red.) arbeitet. Kathi hat in Brest auch einen Top-Torwarttrainer, mit dem sie ein enges Band hat und viel mit ihm arbeitet.
Stehst du denn mit den Torwarttrainern in den Vereinen selbst auch in Kontakt?
Mal ja, mal nein. Wenn es einen DHB-Lehrgang gab, gibt es immer ein Feedback von mir, woran wir gearbeitet haben und was aufgefallen ist, woran man vielleicht noch im Verein arbeiten kann. Bei Athletik-Themen nimmt unser Athletik-Bundestrainer Kontakt auf.
Felix Buß