10.04.2018 14:00 Uhr - 1. Bundesliga - Julia Nikoleit
Ex-Handballer Stefan Kloppe arbeitet als Sportsmentor und Keynote Speaker
Quelle: privat Was macht ein perfektes Training aus? Der Spaß? Das Tor, was man beim Fußball zum Aufwärmen geschossen hat? Oder vielmehr das Gefühl, als der fünfte von fünf Würfen drin war? In der aktuellen Ausgabe der #Trainingsstunde spricht Mentalcoach Stefan Kloppe, der 2002 mit dem SC Magdeburg die Champions League gewann, über genau dieses Thema. Der ehemalige Profi erklärt, wie das Konzept funktioniert und warum jeder Spieler selbst für sein perfektes Training verantwortlich ist ... Stefan, fangen wir mit der grundlegenen Frage an: Was ist das perfekte Training?
Stefan Kloppe:
Jeder Spieler interpretiert für sich, was es ein perfektes Training ist. Ich würde sagen, wenn du zufrieden mit dir aus der Halle gehst, eine gute Leistung gebracht und deine Ziele für das Training erreicht hast, Spaß hattest, im Flow warst und dich gut fühlst, dann hast du es erreicht. Es ist ein Gefühl wie nach einem erfolgreichen Arbeitstag oder nach einem gutem Spiel, für das du ein Lob vom Trainer bekommen hast. Das ist für mich das perfekte Training. Viele sind jetzt vielleicht etwas verdutzt und fragen sich: Wie, ich soll meine Ziele für dieses Training erreichen? Ist das nicht eigentlich die Aufgabe des Trainers, Ziele zu setzen?
Ist es das nicht?
Stefan Kloppe:
Doch, natürlich. Es ist jedoch die Hauptmethode des perfekten Trainings, dass jeder sich unabhängig davon selbst ein eigenes Ziel setzt.
Wie soll man sich als Spieler ein Ziel setzen, wenn man nicht weiß, was der Trainer für einen Schwerpunkt in dieser Einheit setzt? Gerade im Breitensport ist das ja immer wieder an der Tagesordnung ?
Stefan Kloppe:
Natürlich sagt der Trainer, was im Training getan wird, doch trotzdem ist es möglich, ein sich selbst gestecktes Ziel zu verfolgen. Dieses Ziel ist immer ergebnisorientiert. Jeder Spieler darf und soll sich fragen: Woran würde ich für mich ein perfektes Training erkennen? Diese Grundlage nimmt man dann, um sich ein Ziel zu setzen und im Training den Fokus darauf zu legen. Ein klassisches Beispiel: Jeder Wurf soll reingehen. Ich habe letztens mit einem Spieler gesprochen, der genau das sagte: Mein perfektes Training ist, wenn jeder Wurf, den ich gemacht habe, drin war - und mit genau diesem Ziel ist er in das Training gegangen.
Hast du noch weitere Beispiele?
Stefan Kloppe:
Man kann auch sagen: Ich will meine Schnelligkeit verbessern - jeden Sprint, den ich heute im Training mache, mache ich mit 100 Prozent. Ich will meine Wurfhärte trainieren - jeden Wurf, den ich aufs Tor bringe, mache ich so hart wie ich kann. Ich will mich in der Abwehr verbessern - jede Abwehraktion mache ich wie im Spiel mit 100 Prozent.
Sollte das nicht sowieso schon so sein?
Stefan Kloppe:
Sobald wir uns ein Ziel setzen, bekommen wir ein neues Bewusstsein für das, was wir tun. Wenn ich mich an meine Zeit als Handballer zurückerinnere, muss ich rückblickend sagen: Wenn mich jemand fragte: "Hast du heute 100 Prozent gegeben? War das Vollgas?", weiß ich es gar nicht. Ich habe das Training halt automatisch gemacht. Es war wie ferngesteuert, der Trainer hat angesagt. Klar, wenn gesprintet wurde, bin ich gesprintet, aber wenn ich mir bewusst ein Ziel setze, konnte ich immer noch eine Schippe drauflegen.
Und genau darum geht es?
Stefan Kloppe:
Ja! Ein Torwart, der sagt, ich will heute 100 oder 200 Bälle halten, ist ganz anders fokussiert. Man merkt: Sobald ich ein Ziel für das Training habe, das ich erreichen will, werde ich ganz anders trainieren. Durch dieses Ziel verbessere ich mich automatisch, weil ich mehr Fokus, mehr Motivation und mehr Einsatzwillen habe - und dadurch natürlich auch bessere Ergebnisse. Als Handballer sind wir 90 Prozent unserer Zeit im Training und vielleicht nur zehn Prozent im Spiel; daher sollte der Fokus auf einer optimierten Trainingsqualität liegen. Wenn ich so trainiere, dass das Training so anspruchsvoll ist, dass das Spiel mir leicht vorkommt, geht man im Spiel durch die Decke und wird sich automatisch verbessern.
Es geht also beim perfekten Training in erster Linie um die Einstellung, mit der ich ins Training reingehe?
Stefan Kloppe:
Ganz genau! Jeder kann seine Ziele in das Training integrieren und überlegen, wie er das umsetzen kann. Ich gebe zu: Wenn jemand sagt, ich will an meiner Wurfeffektivität arbeiten und dann findet ein Training ohne Ball statt, wird es natürlich schwer (lacht). Daher ist es gut, für so einen Fall einen Plan B in der Tasche zu haben. Bleibt der Ball weg, geht es eben um die physischen Dinge - ich arbeite an meiner Power, meiner Schnelligkeit, meiner Dynamik.
Ich will alle Bälle reinmachen, ist ein sehr greifbares Ziel für ein perfektes Training. Da hat man anschließend eine Zahl und weiß: Ich habe es geschafft oder nicht. Aber die Erfolge bei Schnelligkeit oder Durchsetzungskraft sieht man doch erst nach einigen Einheiten - wird der Fortschritt dadurch nicht unscharf?
Stefan Kloppe:
Nein, ich glaube, man sieht ihn sofort. Wenn sich jemand im 1:1 verbessern will, misst sich das daran, wie er durchkommt - und allein, dass er anfängt, darüber bewusst nachzudenken und die Konfrontation zu suchen, wird er automatisch seinen Fokus mehr darauf richten, wie er durch die Lücken kommt und wie er sich durchsetzen kann. Er wird mit einer anderer Stabilität, Körperhaltung und Dynamik reingehen. Der Spieler wird sich Gedanken machen: Welche Möglichkeiten der Finte habe ich? Zur Hand gehen ist meine Stärke, aber vielleicht kann ich ja auch mal gegen die Hand gehen - und genau da zählt dann einfach das Gesetz der großen Zahl. Je öfter er diese Bewegung macht, desto besser wird er in diesem Bereich. Das ist wie bei einem Spieler im Angriff - man merkt den Unterschied sofort, ob er eher nur den Pass spielen oder wirklich ein Tor erzielen will.
Sofort?
Stefan Kloppe:
Wir kennen das alle: Du machst irgendwann eine Aktion im Training, die du so noch nie gemacht hast und plötzlich fällt der Groschen. Das hat einen immensen Einfluss auf das Selbstvertrauen und auf das Selbstbewusstsein. Das Selbstbewusstsein ist eine der mächtigsten Waffen, die wir im Sport haben.
Inwiefern sollte ein Spieler seinen Trainer einbeziehen, wenn es um sein perfektes Training geht?
Stefan Kloppe:
Das kommt auf die Beziehungsqualität an. Trainer - und auch Mitspieler - sind erst einmal mächtige Verbündete, die einen auf dem Weg zum perfekten Training total unterstützen können. Meine Erfahrung: Trainer lieben es, mit Sportlern zu arbeiten, die besser werden wollen. Denen brauchen sie nur zu sagen "Lauf" und dann laufen diese. Von daher sollte jeder Spieler selbst entscheiden, wie gut die Beziehung ist. Ist sie gut, sollte man das Gespräch suchen und vielleicht auch einfach mal den Trainer fragen, wobei man sich noch verbessern könnte. Vielleicht hat der Trainer etwas auf dem Schirm, was der Spieler noch gar nicht präsent hatte.
Und was ist mit den Mitspielern?
Stefan Kloppe:
Die Mitspieler sind natürlich perfekt für den internen Wettkampf. Als Beispiel: Wer schafft bei den Positionswürfen die bessere Quote? Wenn zwei Rückraumlinke fünf Würfe machen sollen, ist die Challenge eine ganz andere, wenn sie es gegeneinander machen. So etwas liebt man als Sportler doch! Diese kleinen Wettkämpfe sorgen für ein fokussiertes Arbeiten, weil man natürlich unbedingt gewinnen will. Es ist ja auch ein Riesenunterschied, ob der Trainer beim Vier-gegen-Vier sagt "Los gehts, spielt mal ein bisschen" oder ob er sagt "Angriff, ihr habt fünf Angriffe und müsst mindestens drei Tore machen". Im zweiten Fall ist die Intensität der Übung eine ganz andere! Und warum? Einfach, weil er ein Ziel vorgeben hat! Genau dieses Prinzip nutzen wir auch beim perfekten Training im kleinen Rahmen.
Welche Methode empfiehlst du einem Spieler, der ein perfektes Training anstrebt?
Stefan Kloppe:
Ich empfehle den Sportlern immer, sich das Ziel aufzuschreiben, den Zettel in der Tasche dabeizuhaben und kurz vor dem Training noch einmal draufzuschauen, um den Fokus zu schärfen. Man kann natürlich auch mentales Training nutzen, um sich vor dem Training zu visualisieren, wie das aussieht, was man im Training machen möchte. Man muss sich im perfekten Training sehen! Das unterstützt mein Gehirn dabei, den Fokus zu schärfen sowie Motivation und Vorfreude zu entwickeln.
Inwiefern hängt das perfekte Training mit dem Leistungsniveau oder der Altersklasse des Spielers zusammen?
Stefan Kloppe:
Ein perfektes Training hat natürlich etwas mit dem Bewusstsein zu tun und je älter ich bin, desto mehr Bewusstsein habe ich normalerweise. Grundsätzlich hat es aber nichts mit Alter oder Leistungsstand zu tun. Es kann sich ja auch jeder Spieler - auch ein D-Jugendlicher - fragen: Was kann ich tun, um mich schnell zu verbessern? Das spannende ist, dass jeder Sportler auf diese Frage auch eine Antwort findet, wenn er sich damit beschäftigt.
Ein Anfänger könnte sich zum Beispiel sagen: Ich will ein Tor im Training machen?
Stefan Kloppe:
Auch als Anfänger würde ich die Latte schon höher legen - und vielleicht einfach die Anzahl an sich verbessern. Wenn ich als Anfänger bisher jeden zehnten Wurf treffe, sage ich mir: Ich will jeden achten oder jeden fünften treffen. Allein durch diesen neuen Fokus werde ich besser treffen! Jeder kennt sich selbst am besten und weiß, wo er sich verbessern kann- und wenn man erstmal den Fokus auf dieses Thema gelenkt hat, wird man sich automatisch verbessern. Es ist unmöglich, das nicht zu tun.
Okay, aber: Was ist denn, wenn mein perfektes Training nicht funktioniert? Wenn ich nach zwanzig Minuten sehe, dass ich bereits drei Würfe verworfen habe, obwohl ich doch alle reinmachen wollte?
Stefan Kloppe:
Dann fängst du dort wieder von vorne an. Weitermachen, dranbleiben und einfach schauen, ob man von jetzt an das perfekte Training hinlegen kann. Es geht nicht darum, jeden Wurf reinzumachen, sondern darum, jeden Wurf wirklich reinmachen zu wollen. Es geht um den Fokus. Wenn ich vorher im Training eine Quote von 60 Prozent hatte und durch den neuen Fokus nun von 75 Prozent, ist das ein großer Unterschied. Das kann der ausschlaggebende Punkt sein, der dafür sorgt, dass der Trainer dich aufstellt, weil er sieht, dass die Würfe besser geworden sind und man Gas gibt.
Widerspricht diese Relativierung nicht dem Grundgedanken des perfekten Trainings?
Stefan Kloppe:
Nein. Wir dürfen wegkommen von dem Gefühl, perfekt sein zu müssen. Natürlich wäre es ein Highlight, wenn jeder Wurf reingeht, aber in erster Linie ist der Fokus entscheidend.
Durch diesen Vorsatz hast du ein cooles Ziel - und eine effektive Möglichkeit, um fokussiert zu trainieren. Du sagst dir einfach vor jedem Training: Mal gucken, ob heute der Tag ist, ein perfektes Training hinzulegen!
Sprich: Man darf sich nicht entmutigen lassen?
Stefan Kloppe:
In der Regel ist es nun einmal so, dass du dein perfektes Training nicht immer erreichst, denn jeder weiß, dass Fehler passieren. Ich sollte also nicht nur glücklich sein, wenn das perfekte Training gelingt, sondern auch, wenn ich merke, dass ich es wollte. Allein durch dieses Wollen erreicht man eine ganz andere Trainingsintensität. Denn, und das ist einfach so: Erfolg passiert nicht über Nacht, Erfolg geschieht über Training und über die Stunden, die man investiert. Wenn man ab jetzt mit dem Willen, ein perfektes Training hinzulegen, in jede Einheit geht, wird man vorankommen! Fleiß schlägt Talent, das ist einfach so. Durch diese bewusste Zielsetzung trainiert man auf einem anderen Niveau und wird automatisch besser.
Zum Abschluss: Gerade im Amateurbereich, wo Handball nur ein Hobby ist, muss man sich nach einem langen Arbeitstag und wenig Schlaf, weil die Kinder krank sind, eher zum Training quälen als das man begeistert hinstürmt. Wie kann ich trotzdem einen Zustand erreichen, um mich für das perfekte Training zu motivieren?
Stefan Kloppe:
Wenn man unmotiviert zum Training kommt, muss man gucken, woran es liegt. Bei Müdigkeit sollte man ausruhen, bei Krankheit das Training absagen, beim Frust nach einer Verletzung gelassen bleiben. Jeder muss selbst dafür sorgen, dass er wieder richtig fit wird. Grundsätzlich kenne ich aber sehr wenig Handballer, die keine Lust auf Training haben. Wir haben uns alle für diese Sportart entschieden aus einem einzigen Grund: Handball macht uns Spaß! Viele gute Sportler stellen den Status Quo in Frage und gucken, was sie noch aus sich rausholen können. Das perfekte Training sorgt daher oft dafür, dass man im Training deutlich motivierter ist, weil man eine zusätzliche Aufgabe hat.
» Kostenloses E-Book von Stefan Kloppe: "Die 3 Strategien, die dich in kürzester Zeit zu einem besseren Handballer machen!"
Ex-Handballer Stefan Kloppe arbeitet als Sportsmentor und Keynote Speaker
Quelle: privatWas macht ein perfektes Training aus? Der Spaß? Das Tor, was man beim Fußball zum Aufwärmen geschossen hat? Oder vielmehr das Gefühl, als der fünfte von fünf Würfen drin war? In der aktuellen Ausgabe der #Trainingsstunde spricht Mentalcoach Stefan Kloppe, der 2002 mit dem SC Magdeburg die Champions League gewann, über genau dieses Thema. Der ehemalige Profi erklärt, wie das Konzept funktioniert und warum jeder Spieler selbst für sein perfektes Training verantwortlich ist ...
Stefan, fangen wir mit der grundlegenen Frage an: Was ist das perfekte Training?
Stefan Kloppe:
Jeder Spieler interpretiert für sich, was es ein perfektes Training ist. Ich würde sagen, wenn du zufrieden mit dir aus der Halle gehst, eine gute Leistung gebracht und deine Ziele für das Training erreicht hast, Spaß hattest, im Flow warst und dich gut fühlst, dann hast du es erreicht. Es ist ein Gefühl wie nach einem erfolgreichen Arbeitstag oder nach einem gutem Spiel, für das du ein Lob vom Trainer bekommen hast. Das ist für mich das perfekte Training. Viele sind jetzt vielleicht etwas verdutzt und fragen sich: Wie, ich soll meine Ziele für dieses Training erreichen? Ist das nicht eigentlich die Aufgabe des Trainers, Ziele zu setzen?
Ist es das nicht?
Stefan Kloppe:
Doch, natürlich. Es ist jedoch die Hauptmethode des perfekten Trainings, dass jeder sich unabhängig davon selbst ein eigenes Ziel setzt.
Wie soll man sich als Spieler ein Ziel setzen, wenn man nicht weiß, was der Trainer für einen Schwerpunkt in dieser Einheit setzt? Gerade im Breitensport ist das ja immer wieder an der Tagesordnung ?
Stefan Kloppe:
Natürlich sagt der Trainer, was im Training getan wird, doch trotzdem ist es möglich, ein sich selbst gestecktes Ziel zu verfolgen. Dieses Ziel ist immer ergebnisorientiert. Jeder Spieler darf und soll sich fragen: Woran würde ich für mich ein perfektes Training erkennen? Diese Grundlage nimmt man dann, um sich ein Ziel zu setzen und im Training den Fokus darauf zu legen. Ein klassisches Beispiel: Jeder Wurf soll reingehen. Ich habe letztens mit einem Spieler gesprochen, der genau das sagte: Mein perfektes Training ist, wenn jeder Wurf, den ich gemacht habe, drin war - und mit genau diesem Ziel ist er in das Training gegangen.
Hast du noch weitere Beispiele?
Stefan Kloppe:
Man kann auch sagen: Ich will meine Schnelligkeit verbessern - jeden Sprint, den ich heute im Training mache, mache ich mit 100 Prozent. Ich will meine Wurfhärte trainieren - jeden Wurf, den ich aufs Tor bringe, mache ich so hart wie ich kann. Ich will mich in der Abwehr verbessern - jede Abwehraktion mache ich wie im Spiel mit 100 Prozent.
Sollte das nicht sowieso schon so sein?
Stefan Kloppe:
Sobald wir uns ein Ziel setzen, bekommen wir ein neues Bewusstsein für das, was wir tun. Wenn ich mich an meine Zeit als Handballer zurückerinnere, muss ich rückblickend sagen: Wenn mich jemand fragte: "Hast du heute 100 Prozent gegeben? War das Vollgas?", weiß ich es gar nicht. Ich habe das Training halt automatisch gemacht. Es war wie ferngesteuert, der Trainer hat angesagt. Klar, wenn gesprintet wurde, bin ich gesprintet, aber wenn ich mir bewusst ein Ziel setze, konnte ich immer noch eine Schippe drauflegen.
Und genau darum geht es?
Stefan Kloppe:
Ja! Ein Torwart, der sagt, ich will heute 100 oder 200 Bälle halten, ist ganz anders fokussiert. Man merkt: Sobald ich ein Ziel für das Training habe, das ich erreichen will, werde ich ganz anders trainieren. Durch dieses Ziel verbessere ich mich automatisch, weil ich mehr Fokus, mehr Motivation und mehr Einsatzwillen habe - und dadurch natürlich auch bessere Ergebnisse. Als Handballer sind wir 90 Prozent unserer Zeit im Training und vielleicht nur zehn Prozent im Spiel; daher sollte der Fokus auf einer optimierten Trainingsqualität liegen. Wenn ich so trainiere, dass das Training so anspruchsvoll ist, dass das Spiel mir leicht vorkommt, geht man im Spiel durch die Decke und wird sich automatisch verbessern.
Es geht also beim perfekten Training in erster Linie um die Einstellung, mit der ich ins Training reingehe?
Stefan Kloppe:
Ganz genau! Jeder kann seine Ziele in das Training integrieren und überlegen, wie er das umsetzen kann. Ich gebe zu: Wenn jemand sagt, ich will an meiner Wurfeffektivität arbeiten und dann findet ein Training ohne Ball statt, wird es natürlich schwer (lacht). Daher ist es gut, für so einen Fall einen Plan B in der Tasche zu haben. Bleibt der Ball weg, geht es eben um die physischen Dinge - ich arbeite an meiner Power, meiner Schnelligkeit, meiner Dynamik.
Ich will alle Bälle reinmachen, ist ein sehr greifbares Ziel für ein perfektes Training. Da hat man anschließend eine Zahl und weiß: Ich habe es geschafft oder nicht. Aber die Erfolge bei Schnelligkeit oder Durchsetzungskraft sieht man doch erst nach einigen Einheiten - wird der Fortschritt dadurch nicht unscharf?
Stefan Kloppe:
Nein, ich glaube, man sieht ihn sofort. Wenn sich jemand im 1:1 verbessern will, misst sich das daran, wie er durchkommt - und allein, dass er anfängt, darüber bewusst nachzudenken und die Konfrontation zu suchen, wird er automatisch seinen Fokus mehr darauf richten, wie er durch die Lücken kommt und wie er sich durchsetzen kann. Er wird mit einer anderer Stabilität, Körperhaltung und Dynamik reingehen. Der Spieler wird sich Gedanken machen: Welche Möglichkeiten der Finte habe ich? Zur Hand gehen ist meine Stärke, aber vielleicht kann ich ja auch mal gegen die Hand gehen - und genau da zählt dann einfach das Gesetz der großen Zahl. Je öfter er diese Bewegung macht, desto besser wird er in diesem Bereich. Das ist wie bei einem Spieler im Angriff - man merkt den Unterschied sofort, ob er eher nur den Pass spielen oder wirklich ein Tor erzielen will.
Sofort?
Stefan Kloppe:
Wir kennen das alle: Du machst irgendwann eine Aktion im Training, die du so noch nie gemacht hast und plötzlich fällt der Groschen. Das hat einen immensen Einfluss auf das Selbstvertrauen und auf das Selbstbewusstsein. Das Selbstbewusstsein ist eine der mächtigsten Waffen, die wir im Sport haben.
Inwiefern sollte ein Spieler seinen Trainer einbeziehen, wenn es um sein perfektes Training geht?
Stefan Kloppe:
Das kommt auf die Beziehungsqualität an. Trainer - und auch Mitspieler - sind erst einmal mächtige Verbündete, die einen auf dem Weg zum perfekten Training total unterstützen können. Meine Erfahrung: Trainer lieben es, mit Sportlern zu arbeiten, die besser werden wollen. Denen brauchen sie nur zu sagen "Lauf" und dann laufen diese. Von daher sollte jeder Spieler selbst entscheiden, wie gut die Beziehung ist. Ist sie gut, sollte man das Gespräch suchen und vielleicht auch einfach mal den Trainer fragen, wobei man sich noch verbessern könnte. Vielleicht hat der Trainer etwas auf dem Schirm, was der Spieler noch gar nicht präsent hatte.
Und was ist mit den Mitspielern?
Stefan Kloppe:
Die Mitspieler sind natürlich perfekt für den internen Wettkampf. Als Beispiel: Wer schafft bei den Positionswürfen die bessere Quote? Wenn zwei Rückraumlinke fünf Würfe machen sollen, ist die Challenge eine ganz andere, wenn sie es gegeneinander machen. So etwas liebt man als Sportler doch! Diese kleinen Wettkämpfe sorgen für ein fokussiertes Arbeiten, weil man natürlich unbedingt gewinnen will. Es ist ja auch ein Riesenunterschied, ob der Trainer beim Vier-gegen-Vier sagt "Los gehts, spielt mal ein bisschen" oder ob er sagt "Angriff, ihr habt fünf Angriffe und müsst mindestens drei Tore machen". Im zweiten Fall ist die Intensität der Übung eine ganz andere! Und warum? Einfach, weil er ein Ziel vorgeben hat! Genau dieses Prinzip nutzen wir auch beim perfekten Training im kleinen Rahmen.
Welche Methode empfiehlst du einem Spieler, der ein perfektes Training anstrebt?
Stefan Kloppe:
Ich empfehle den Sportlern immer, sich das Ziel aufzuschreiben, den Zettel in der Tasche dabeizuhaben und kurz vor dem Training noch einmal draufzuschauen, um den Fokus zu schärfen. Man kann natürlich auch mentales Training nutzen, um sich vor dem Training zu visualisieren, wie das aussieht, was man im Training machen möchte. Man muss sich im perfekten Training sehen! Das unterstützt mein Gehirn dabei, den Fokus zu schärfen sowie Motivation und Vorfreude zu entwickeln.
Inwiefern hängt das perfekte Training mit dem Leistungsniveau oder der Altersklasse des Spielers zusammen?
Stefan Kloppe:
Ein perfektes Training hat natürlich etwas mit dem Bewusstsein zu tun und je älter ich bin, desto mehr Bewusstsein habe ich normalerweise. Grundsätzlich hat es aber nichts mit Alter oder Leistungsstand zu tun. Es kann sich ja auch jeder Spieler - auch ein D-Jugendlicher - fragen: Was kann ich tun, um mich schnell zu verbessern? Das spannende ist, dass jeder Sportler auf diese Frage auch eine Antwort findet, wenn er sich damit beschäftigt.
Ein Anfänger könnte sich zum Beispiel sagen: Ich will ein Tor im Training machen?
Stefan Kloppe:
Auch als Anfänger würde ich die Latte schon höher legen - und vielleicht einfach die Anzahl an sich verbessern. Wenn ich als Anfänger bisher jeden zehnten Wurf treffe, sage ich mir: Ich will jeden achten oder jeden fünften treffen. Allein durch diesen neuen Fokus werde ich besser treffen! Jeder kennt sich selbst am besten und weiß, wo er sich verbessern kann- und wenn man erstmal den Fokus auf dieses Thema gelenkt hat, wird man sich automatisch verbessern. Es ist unmöglich, das nicht zu tun.
Okay, aber: Was ist denn, wenn mein perfektes Training nicht funktioniert? Wenn ich nach zwanzig Minuten sehe, dass ich bereits drei Würfe verworfen habe, obwohl ich doch alle reinmachen wollte?
Stefan Kloppe:
Dann fängst du dort wieder von vorne an. Weitermachen, dranbleiben und einfach schauen, ob man von jetzt an das perfekte Training hinlegen kann. Es geht nicht darum, jeden Wurf reinzumachen, sondern darum, jeden Wurf wirklich reinmachen zu wollen. Es geht um den Fokus. Wenn ich vorher im Training eine Quote von 60 Prozent hatte und durch den neuen Fokus nun von 75 Prozent, ist das ein großer Unterschied. Das kann der ausschlaggebende Punkt sein, der dafür sorgt, dass der Trainer dich aufstellt, weil er sieht, dass die Würfe besser geworden sind und man Gas gibt.
Widerspricht diese Relativierung nicht dem Grundgedanken des perfekten Trainings?
Stefan Kloppe:
Nein. Wir dürfen wegkommen von dem Gefühl, perfekt sein zu müssen. Natürlich wäre es ein Highlight, wenn jeder Wurf reingeht, aber in erster Linie ist der Fokus entscheidend.
Durch diesen Vorsatz hast du ein cooles Ziel - und eine effektive Möglichkeit, um fokussiert zu trainieren. Du sagst dir einfach vor jedem Training: Mal gucken, ob heute der Tag ist, ein perfektes Training hinzulegen!
Sprich: Man darf sich nicht entmutigen lassen?
Stefan Kloppe:
In der Regel ist es nun einmal so, dass du dein perfektes Training nicht immer erreichst, denn jeder weiß, dass Fehler passieren. Ich sollte also nicht nur glücklich sein, wenn das perfekte Training gelingt, sondern auch, wenn ich merke, dass ich es wollte. Allein durch dieses Wollen erreicht man eine ganz andere Trainingsintensität. Denn, und das ist einfach so: Erfolg passiert nicht über Nacht, Erfolg geschieht über Training und über die Stunden, die man investiert. Wenn man ab jetzt mit dem Willen, ein perfektes Training hinzulegen, in jede Einheit geht, wird man vorankommen! Fleiß schlägt Talent, das ist einfach so. Durch diese bewusste Zielsetzung trainiert man auf einem anderen Niveau und wird automatisch besser.
Zum Abschluss: Gerade im Amateurbereich, wo Handball nur ein Hobby ist, muss man sich nach einem langen Arbeitstag und wenig Schlaf, weil die Kinder krank sind, eher zum Training quälen als das man begeistert hinstürmt. Wie kann ich trotzdem einen Zustand erreichen, um mich für das perfekte Training zu motivieren?
Stefan Kloppe:
Wenn man unmotiviert zum Training kommt, muss man gucken, woran es liegt. Bei Müdigkeit sollte man ausruhen, bei Krankheit das Training absagen, beim Frust nach einer Verletzung gelassen bleiben. Jeder muss selbst dafür sorgen, dass er wieder richtig fit wird. Grundsätzlich kenne ich aber sehr wenig Handballer, die keine Lust auf Training haben. Wir haben uns alle für diese Sportart entschieden aus einem einzigen Grund: Handball macht uns Spaß! Viele gute Sportler stellen den Status Quo in Frage und gucken, was sie noch aus sich rausholen können. Das perfekte Training sorgt daher oft dafür, dass man im Training deutlich motivierter ist, weil man eine zusätzliche Aufgabe hat.
» Kostenloses E-Book von Stefan Kloppe: "Die 3 Strategien, die dich in kürzester Zeit zu einem besseren Handballer machen!"