09.01.2024, 17:20
Vor Auftakt der Handball-EM
Gastgeber Deutschland startet bester Stimmung und voller Tatendrang in die Handball-EM. "Wir fiebern schon sehr lange auf den Beginn der EM hin und freuen uns sehr auf das Spiel, auch wenn wir wissen, dass wir eine sehr gute Leistung bringen müssen", sagte Bundestrainer Alfred Gislason nach dem Abschlusstraining in Düsseldorf.
Die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) bestreitet am Mittwoch vor mehr als 50.000 Zuschauern in der Düsseldorfer Fußballarena ihr EM-Auftaktspiel gegen die Schweiz. "Favoritenrolle hin oder her. Wir gehen in jedes Spiel bei diesem Heim-Turnier, um es zu gewinnen", so Alfred Gislason gegenüber dem SID.
Für ihn persönlich habe das Turnier einen "sehr großen Stellenwert", sagte Alfred Gislason: "Als Nationaltrainer das erste Mal bei einem Heim-Turnier zu coachen, ist etwas ganz Neues für mich." Die Weltmeisterschaft 2007 hatte er als Coach der Isländer erlebt. "Ich freue mich, das jetzt auf der Bank von Deutschland auch zu erleben. Ich gehe davon aus, dass es genauso sein wird wie damals. Es ist eine große Ehre für mich und ich freue mich riesig auf das Spiel."
"Wir werden alles daran setzen, das Spiel zu gewinnen. Wir wissen aber, dass es alles andere als einfach sein wird", fügte der Bundestrainer an. Weitere Kontrahenten in der Vorrundengruppe A sind Nordmazedonien (14. Januar, 20.30 Uhr/ZDF und Dyn) sowie Rekord-Weltmeister Frankreich (16. Januar, 20.30 Uhr/ARD und Dyn). Nur die beiden Erstplatzierten ziehen in die Hauptrunde ein, eine Auftaktniederlage würde das DHB-Team daher unter Zugzwang setzen.
Hinzu kommt der außergewöhnliche Rahmen im Stadion des Fußball-Zweitligisten Fortuna Düsseldorf, das in wochenlanger Arbeit in eine riesige Handball-Arena verwandelt wurde. "Ich bin angenehm überrascht. Das ist extrem gelungen", lobte Alfred Gislason nach dem Abschlusstraining in der Arena. "Ich freue mich riesig auf das Spiel, wenn die Ränge voll besetzt sind. Vor solch einer Kulisse zu spielen, ist etwas Besonderes."
Im gesamten Team, das am Dienstag mit allen 17 Spielern trainierte, sei die Stimmung "außergewöhnlich. Ich merke eher Vorfreude als Nervosität", meinte Alfred Gislason: "Die Stimmung ist gut, die Vorfreude riesig." Der Bundestrainer fügte gegenüber der dpa an: "Ich nehme bei den Spielern keine Nervosität wahr. Jeder sehnt den Anpfiff herbei. Wir hoffen, gut ins Turnier zu kommen."
"Das Spielfeld ist nicht größer oder kleiner. Am Ende geht es bei 40x20 Meter darum ein Tor mehr zu werfen als der Gegner", erklärte Jannik Kohlbacher mit Blick auf die besondere Umgebung. "Meine Rolle im Team ist unverändert. Ich versuche Johannes Golla zu helfen", so der Kreisläufer der Rhein-Neckar Löwen, der vor allem für einen früheren Vereinskollegen warnt: "Mit Andy Schmid haben sie einen Spieler, der seine Qualitäten jahrelang gezeigt hat."
» Interview Jannik Kohlbacher
"Ich glaube, es wird überwältigend, wenn wir hier einlaufen und die Nationalhymne gespielt wird. Wir haben natürlich die Hoffnung, dass die Stimmung super wird und sie auf uns überschwappt", sagte Johannes Golla dem SID vor dem Auftakt der Handball-EM. "Es ist super geworden", lobte der Kapitän, der ebenfalls davor warnt den Gegner zu unterschätzen: "Die erste Sieben ist absolut Anklopfen an die Weltspitze", rechnet Johannes Golla mit keinem einfachen Spiel.
"Das sind individuell sehr ausgebildete Spieler", so Lukas Mertens über Gegner Schweiz. "Manuel Zehnder sorgt für sehr viel Wirbel, er spielt mit dem ThSV Eisenach eine grandiose Saison. Die Schweiz ist nicht nur Andy Schmid, auch wenn er der Denker und Lenker ist. Lenny Rubin ist auch ein sehr großer und sehr guter Eins-gegen-Eins-Spieler. Im Tor steht mit Nikola Portner auch noch jemand, der weiß, was er macht."
» Interview Lukas Mertens
"Ich bin der Meinung, dass du groß träumen musst. Du kannst nicht nach den Sternen greifen, wenn du denkst, der Himmel ist die Grenze", sagte Torhüter Andreas Wolff in der ARD. "Mein Ziel ist es ganz klar, dass wir eine fantastische Heim-EM spielen, die optimalerweise im EM-Titel gipfelt", sagte Wolff, einer von vier verbliebenen 2016-Europameistern im deutsche Team. Auch Wolff warnte aber vor dem Auftakt: "Die Schweiz ist alles andere als ein Selbstläufer."
Nationalspieler Timo Kastening sieht die deutschen Basketball-Weltmeister als gutes Vorbild für das mit fünf Turnierdebütanten gespickte DHB-Team. "Das war absolut genial. Dieser Teamzusammenhalt, diese Lockerheit, diese Geilheit auf Erfolg wollen wir adaptieren", sagte der Rechtsaußen: "Ich glaube, uns stehen alle Türen offen." Kastening hatte im Vorfeld der EM alle Mitspieler in launiger Art vorgestellt - vom "Teenie-Schwarm" bis zum "Unterwäsche-Modell".
"Die Schweiz ist eine starke und gefährliche Mannschaft. Wir müssen an unser Limit gehen", warnt auch Julian Köster, für den das Spiel in Düsseldorf eines in Heimatnähe ist. In Köln wäre er bei Erreichen der Haupt- oder der Endrunde noch näher dran. "Klar setzen wir auf den Heim-Faktor", so der Rückraumspieler des VfL Gummersbach, der anfügt: "Die Vorfreude steigt von Tag zu Tag."
» Interview Julian Köster
"Ich sage meinen Spielern immer, dass es ein Handballspiel ist und das Handballfeld wird genauso groß sein wie in anderen Hallen. 40 mal 20 Meter", sagte der 64-Jährige und meinte weiter: "Ich glaube nicht, dass mehr Stimmung sein wird als in einer vollen Kölner Arena, aufgrund der Weite."
Sicher ist nur, dass die DHB-Auswahl die Stimmung auf den Rängen mit ihrer Leistung auf dem Parkett steuern kann. "Für die Interaktion zwischen Mannschaft und Zuschauern müssen die Spieler in Vorleistung gehen. Der Funke muss vom Parkett auf die Tribüne überspringen", sagte Gislason und forderte: "Wir müssen uns auf unseren Handball konzentrieren und gut spielen. Dann kommt die Stimmung von selbst."
Ein guter Start ins Turnier ist nicht nur wichtig, um selbstbewusst in die weiteren Vorrundenspiele gegen Nordmazedonien und Frankreich zu gehen und sich eine optimale Ausgangslage für die Hauptrunde zu erkämpfen. Ein fulminanter Auftaktsieg kann auch eine Handball-Euphorie im Land entfachen, die das Team beflügelt.
Jordan Raza und Eric Dobias, dpa, red, SID cs ml mh nt