11.03.2025, 16:35
Zahlreiche Abgänge beim Schlusslicht
Ausgerechnet die Jubiläumssaison droht für das Gründungsmitglied Bayer Leverkusen in der Handball Bundesliga Frauen die Dino-Serie zu beenden. Das Schlusslicht hat Budgetsorgen, zahlreiche Abgänge stehen bereits fest.
Vor 50 Jahren wurde die Handball Bundesliga Frauen gegründet. Von den 16 Klubs, die damals in zwei Staffeln ins Oberhaus starteten, sind in der laufenden Spielzeit nur noch zwei vorhanden: Die HSG Bensheim/Auerbach - damals noch mit dem Stammklub TSV Rotweiß Auerbach - sowie der TSV Bayer 04 Leverkusen als einziger durchgängig in der ersten Liga spielende Verein.
Alle anderen Gründungsmitglieder, darunter namhafte Klubs wie der FC Bayern München, der 1. FC Nürnberg, Eintracht Minden, GutsMuths Berlin, Grünweiß Frankfurt oder frühere Meister wie Walle Bremen oder der TV Lützellinden sind bereits verschwunden - zumindest im Handball der Frauen.
Mit acht Meisterschaften seit 1975 droht sich nun auch Rekordsieger Leverkusen aus dem Bundesliga-Bereich zu verabschieden. Der Thüringer HC (7) sowie die HB Ludwigburg (5) und Borussia Dortmund (1) wären dann die einzig verbliebenen früheren Meister.
Mit derzeit 0:34 Punkten liegt Bayer Leverkusen abgeschlagen am Tabellenende, die neu eingeführten Play-Downs verschaffen sportlich allerdings noch eine Chance auf den Klassenverbleib. Ob dieser auch wirtschaftlich zu realisieren wäre, ist laut dem Rekordmeister aber offen.
"Das liegt in erster Linie an enorm gestiegenen Kosten, die der Spielbetrieb in der 1. Bundesliga mit sich bringt. Der Etat, den wir als Gesamtverein weitergeben können, ist unverändert. Allerdings können damit die immer höher werdenden Ausgaben nicht mehr gedeckt werden. Wir werden mit aller Ruhe und Sorgfalt prüfen, welche Liga für die Abteilung zukünftig die richtige ist", erklärte Anne Wingchen, Geschäftsführerin beim Hauptverein TSV Bayer 04 Leverkusen.
Die "Flames" sind ein Beispiel, dass man sich im Unterhaus konsolidieren kann. 25 Spielzeiten (1988-2013) in Serie waren die Handballerinnen von der Bergstraße nur Zweitligist, sind erst seit 2017 dauerhaft in der Beletage. Bensheim/Auerbach ist mit dem Erreichen von Pokalfinale und Vize-Meisterschaft wieder auf dem Niveau der 1970er Jahre angekommen.
Rückblick: Im Sommer 2024 mussten die "Werkselfen", wie sie sich seit einer Rettungsaktion schon vor mehr als einem Jahrzehnt nennen, schon von ihrem Grundgerüst trennen.
Torhüterin Miranda Nasser kehrte nach Schweden (Kristianstad HK) zurück, mit Marianna Lopes (Bekescsaba), Mareike Thomaier und Viola Leuchter (beide HB Ludwigsburg) gingen die Stammkräfte im Rückraum. Zudem zog es mit Marla Mathwig ein Talent zu den Handball-Luchsen nach Buchholz-Rosengarten.
Auch im Nachwuchsbereich wurde schon gespart, Michael Biegler ist seit dieser Saison in Personalunion sowohl für die erste Mannschaft wie auch die Juniorelfen verantwortlich.
Einziger externer Neuzugang war die Niederländerin Rozemarijn Alderden, die vom niederländischen Traditionsverein VOC Amsterdam den Sprung ins Ausland wagte.
Ansonsten füllte man den Kader mit Spielerinnen aus dem Reservoir der Juniorelfen auf, die eine schwächere Saison in der A-Jugend-Bundesliga hinter sich hatten, auch den Cut bei der Neustrukturierung der 3. Ligen nicht geschafft hatten und in die Regionalliga Nordrhein abgestiegen waren.
Nachdem Mitte Februar Andreas Thiel seinen Rücktritt als Abteilungsleiter erklärte, scheint der Kader nun endgültig auseinanderzubrechen.
"Dass wir mit unserem Team in der 1. Frauen Bundesliga vor einer äußerst komplexen Herausforderung stehen würden, war allen schon zu Saisonbeginn klar. Dennoch hatte ich immer die Hoffnung, dass es mit dem Bundesliga-Handball in Leverkusen weitergeht", sagte Andreas Thiel, der die Abteilung seit 2011 leitet, Mitte Februar.
"Die vergangenen Wochen und Monate waren sehr zermürbend. Die Energie für die Neuausrichtung der Abteilung habe ich nicht mehr, möchte aber einem unbelasteten Neustart nicht im Wege stehen", so der frühere Weltklasse-Torhüter und Vorstandsvorsitzende der Ligavereinigung HBF weiter.
Den Auftakt machte ausgerechnet Urgestein Jennifer Souza, die vor der Saison vom linken Flügel in den Rückraum gewechselt war. Die 25-Jährige findet beim HSV Solingen-Gräfrath eine neue sportliche Heimat - ebenso wie Linksaußen Nele Spengler.
Auch der Buxtehuder SV schlug schon zweimal am Rhein zu: Rechtsaußen Christin Kaufmann und die abwehrstarke Rückraumspielerin Johanna Andresen, derzeit Toptorjägerin des Klubs, werden in der Bundesliga bleiben.
Mit Pia Terfloth wird eine weitere Linkshänderin zum ambitionierten Zweitligisten Bergischer HC gehen, dort heuert auch U20-Nationaltorhüterin Lena Lindemann an und Rozemarijn Alderden zieht es nun auch schon weiter in die 2. Bundesliga zum HC Rödertal.
Blickt man auf die teaminterne Torschützinnenliste, dann verliert der Klub 199 der bislang 344 erzielten Saisontore. Halten konnte man zumindest eine zentrale Achse mit Spielmacherin Sophia Cormann und Kreisläuferin Annika Ingenpaß.
Offen ist noch der Verbleib der beiden Stammtorhüterinnen Lieke van der Linden und Nele Vogel, ebenso wie bei den Stammspielerinnen Linksaußen Loreen Veit und Kreisläuferin Fem Boeters.
Sportlich konnte das junge Team von Cheftrainer Michael Biegler erwartungsgemäß diese Saison oft nicht mithalten, auch wenn man gerade in den Heimspielen gegen Göppingen, Neckarsulm und bei der Auswärtspartie in Zwickau nur hauchdünn mit einem Tor verlor und so die ersten Zähler verpasste.
Das könnte vor allem mit Blick auf die Play-Downs aufhorchen lassen, denn nach der von Klubs und Ligaverband beschlossenen Modusreform wird man möglicherweise gegen diese drei Klubs, die gemeinsam mit dem Buxtehuder SV um Platz 8 und die Play-offs streiten, um den Ligaerhalt kämpfen.
Einen Lizenzantrag haben die Rheinländerinnen übrigens auch für das Oberhaus eingereicht, bis Mitte Mai soll dann darüber entschieden werden. Die sportliche Antwort über Abstieg und Klassenverbleib gibt es in den Play-Downs spätestens am 25. Mai.
Verlängerungen:
Sophia Cormann
Annika Ingenpaß
chs