30.11.2024, 09:09
EHF EURO 2024
In Norwegen ist Handball Volkssport, vor allem bei den Frauen. Vier der letzten fünf EM-Endrunden endeten mit einem Triumph der Norwegerinnen, die im Sommer auch Olympiagold in Paris holten. Österreichs Team braucht am Samstag (18 Uhr) in Innsbruck ein Handballwunder, um den zweiten Sieg bei der Heim-EM zu landen.
Mehr Weltklasse in einer Mannschaft geht nicht. Angeführt von der amtierenden Welthandballerin Henny Reistad und nach wie vor mit der 44-jährigen Torfraulegende Katrine Lunde (6-fache Europameisterin) baut sich Titelverteidiger Norwegen vor der ÖHB-Truppe auf. Johanna Reichert, die beim 37:24 über die Slowakei acht Tore aus dem linken Rückraum beisteuerte, freut sich mit ihren Teamkolleginnen auf ein Karriere-Highlight.
Für Nervosität wie beim Auftakt gebe es keinen Grund. Zu klar seien die Rollen verteilt. "Wir können zeigen, was wir können", kündigt die 22-jährige Deutschland-Legionärin (Thüringer HC) ein befreites Aufspielen an. Reichert und Co. verfolgen für die "Mission: Impossible" den klaren Plan, so lange Angriffe wie möglich mit so wenigen technischen Fehlern wie möglich zu spielen. Und in der Deckung sowohl präsent als auch diszipliniert zu agieren.
Auch Monique Tijsterman, die niederländische ÖHB-Cheftrainerin, beschreibt den Gegner als das Nonplusultra im Frauen-Handball: "Norwegen könnte leicht noch mit einem zweiten Team um den EM-Titel mitspielen." Den Grund für die schon mehr als zwei Jahrzehnte andauernde Dominanz im Welthandball sieht Tijsterman in der perfekten Nachwuchsarbeit. "In den Klubs arbeiten die besten Trainer und Trainerinnen im Nachwuchs."
Daraus resultieren Jahrgang für Jahrgang internationale Spitzenspielerinnen und von Zeit zu Zeit eine Ausnahmekönnerin wie Reistad. Die 25-jährige Rückraumkönigin führte Norwegen schon zu WM-Gold (2021), zwei EM-Titeln (2020, 2022) und zum Olympiasieg (2024). Mit Kristiansand gewann Reistad 2021 die Champions League. "Sie kann wirklich alles", sagt ÖHB-Rückraumspielerin Ana Pandza. "Sie kann man nicht stoppen", ergänzt Reichert.
Will man die Popularität der norwegischen Handballerinnen mit einem Vergleich zu Österreich versehen, muss man zu Highlights im alpinen Skisport oder den Sternstunden des Fußball-Nationalteams der Männer greifen. Denn beim bisher letzten der unglaublichen neun EM-Titel (2022) saß etwa ein Fünftel der 5,5 Millionen Einwohner vor den TV-Geräten. "Jedes Mädchen in Norwegen will einmal im Nationalteam spielen", so Tijsterman.
In 13 Bewerbsspielen gab es bisher nur drei österreichische Siege gegen Norwegen - den bisher letzten bei der Heim-WM 1995. Sollte die Topsensation auch diesmal ausbleiben, geht es am Montag (18 Uhr) gegen Slowenien um alles oder nichts. Nur Platz zwei in Gruppe E bringt das Ticket für die Hauptrunde in Wien - das erklärte Ziel des ÖHB-Teams.
Harald Hofstetter