07.01.2024, 11:23
Vier Leistungsträger kommen vom Plattensee
Auch auf einem Quartett aus Veszprem ruhen bei Frankreich die Hoffnungen für die Handball-EM in Deutschland. Einer von ihnen: Hugo Descat.
Nach vier Jahren beim französischen Vizemeister Montpellier HB hatte sich Hugo Descat im Sommer dem Champions League-Anwärter Telekom Veszprem angeschlossen. Am Plattensee soll die Königsklasse nach Ungarn geholt werden, mit 14:6 Punkten ist das Erreichen einer der beiden ersten Plätze in Gruppe B nicht unrealistisch.
"Ich bin 31 Jahre alt", hatte Hugo Descat dem Quotidien du Sport gesagt, und ausgeführt: "Ich wollte Titel nicht mehr allein mit der französischen Nationalmannschaft gewinnen, und es war der richtige Zeitpunkt, nach Veszprém zu gehen."
Mit den Bleus hatte Descat nämlich mehr Erfolg als auf Vereinsebene, wo ihm noch ein großer Titel fehlt. Mit Frankreich krönte er sich 2021 zum Olympiasieger, als 2023 die Silbermedaille bei der WM heraussprang, war Descat mit einer Knieverletzung zum Zuschauen verdammt. Nun wagt er einen neuen Anlauf.
Frankreich trifft am 10. Januar zur Eröffnung der Europameisterschaft auf Nordmazedonien, ehe Gastgeber in Deutschland die Schweiz empfängt. Es soll der Auftakt für einen Siegeszug der Franzosen werden, die bei einer EM zuletzt 2014 Gold holten.
Gleichzeitig ist das in Kürze startende Turnier aber auch der Beginn einer enormen Belastungsphase, die sich über ein halbes Jahr erstreckt. Saisonende, Champions League-Final4, dann die Olympischen Spiele. "Mir persönlich gefällt das besser als umgekehrt, aber es ergibt ein hartes Programm", so Descat gegenüber dem Quotidien du Sport.
Gerade für Frankreich hat Olympia im Sommer eine Sonderstellung. Die Spiele finden in der Landeshauptstadt Paris statt, es ist die Chance, die Goldmedaille zu verteidigen. Weit vorausblicken will Descat jedoch nicht: "Es ist zu früh."
Über das europäische Mächtegleichgewicht im Handball sprach der Linksaußen, der bei 41 Länderspielen und 183 Toren steht, gegenüber dem Quotidien du Sport, dennoch: "Ab dem Halbfinale gewinnt das Team, das es am meisten will. Es gibt immer drei oder vier Teams, die oben in Anführungszeichen stehen."
Namentlich dürften das Dänemark, Schweden, Spanien und Frankreich selbst sein. Alle vier Mannschaften sind ein Dauergast bei den Entscheidungsspielen um Medaillen. Erstgenannte Mannschaft hob Descat nochmal spezifisch hervor: "Es stimmt, dass Dänemark in den letzten vier Wettbewerben vier Medaillen und zwei Titel eingefahren hat. Sie sind eindeutig die Favoriten."
Erstmals ist ein Aufeinandertreffen zwischen Frankreich und Dänemark bei der Europameisterschaft indes im Halbfinale möglich, sofern beide Teams in Vor- und Hauptrunde je einen der ersten beiden Plätze erringen.
An der Seite Descats, der mit Dylan Nahi das Linksaußen-Duo bildet, stehen dann auch Ludovic Fabregas, Nedim Remili und Kentin Mahé: seine Teamkollegen von Telekom Veszprem.
Mit Dragan Pechmalbec, der für Serbien an der EM teilnehmen wird, gibt es übrigens einem weiteren Spieler mit französischer Staatsbürgerschaft im Kader von Telekom Veszprem. Handballerisch entschied sich der Kreisläufer nach drei Länderspielen für Les Bleus allerdings für das Land seiner Mutter.
Descat betonte beim Quotidien du Sport hinsichtlich dieser Connection aus Ungarn dennoch: "Wir haben ein Team, das sehr gut miteinander auskommt, und ich stehe den Franzosen genauso nahe wie den Ägyptern oder den Schweden."
Nichtsdestotrotz haben vergangene Wettbewerbe gezeigt, wie wichtig Achsen aus demselben Verein sein können. Gut denkbar, dass Frankreich mit Descat auf Linksaußen, Fabregas am Kreis, Mahé auf der Mitte und Remili im rechten Rückraum aufläuft, gerade das Zusammenspiel zwischen Kreis und Rückraum könnte so zu einem Faktor avancieren. Im Testspiel gegen Tunesien erzielten die vier zusammen 15 der 35 Tore.
Das entscheidende Spiel scheint vorerst die Partie gegen Deutschland zu sein, in der - sollte es in der Gruppe A keine großen Überraschungen geben - die beiden Anwärter auf die Hauptrunde im direkten Duell aufeinandertreffen.
Unterschätzt werden sollten jedoch auch Nordmazedonien und die Schweiz keinesfalls. So lange ist es nicht her, als Frankreich 2020 die beiden ersten Spiele bei einer Europameisterschaft verlor: gegen Portugal und Norwegen. Schon vor dem letzten Gruppenspiel gegen Bosnien-Herzegowina war der Hauptrundeneinzug vom Tisch.
Für Descat ist der Auftakt in das intensive Jahr bis zu den Olympischen Spielen gleichzeitig die Chance, das eigene Titelkabinett deutlich aufzustocken. Dafür soll das Knie diesmal halten- Genau möchte der Linksaußen darüber jedoch nicht nachdenken: "Der beste Weg, sich zu verletzen, ist, darüber nachzudenken!"
Maximilian Otte