30.04.2024, 10:47
Vor Topspiel in der 2. Liga
Der 1. VfL Potsdam kann mit einem Sieg gegen die SG BBM Bietigheim einen großen Schritt in Richtung Aufstieg machen. Aber ist die junge Mannschaft überhaupt gut genug für die Bundesliga? Und wie sieht der Kader für die nächste Spielzeit aus?
Damit hätte wohl vor der Saison keiner der Verantwortlichen beim 1. VfL Potsdam gerechnet. Die Brandenburger stehen acht Spieltage vor Schluss an der Tabellenspitze der zweiten Liga. Dabei haben sie bereits sechs Punkte Vorsprung auf den ersten Nichtaufstiegsplatz, die Spitzenklasse ist also zum Greifen nah.
Für den VfL, der sich aus der Betriebssportgemeinschaft der DDR-Firma DEFA gegründet hat, wäre der Aufstieg der größte Erfolg der noch jungen Vereinsgeschichte. Doch bei aller Vorfreude auf Duelle mit Teams wie dem THW Kiel oder SC Magdeburg stellt sich die Frage: Kann Potsdam in der Bundesliga überhaupt bestehen? handball-world wirft einen Blick auf den Kader für die neue Saison.
Torhüter
Dort muss der Klub im Sommer einen herben Verlust hinnehmen. U21-Weltmeister Lasse Ludwig wechselt zurück zu den Füchse Berlin. Dieser Transfer ist wenig verwunderlich, denn Ludwig hat in dieser Spielzeit die drittmeisten Paraden aller Zweitliga-Keeper.
Unklar ist auch die Zukunft von der Nummer zwei Mark Ferjan, der mit einer Fangquote von 30,77 Prozent zu überzeugen wusste. Sein Vertrag läuft ebenso aus wie der von Routinier Blaz Voncina, der allerdings kaum zum Zug kam. Sollte Potsdam mit keinem dieser Spieler verlängern, droht ein Problem. Schließlich steht sonst nur Talent Frederik Höler im Kader. Potsdam hat also Handlungsbedarf auf der Position, um in der Bundesliga bestehen zu können.
Linksaußen
Nach dem Wechsel von Tim Grüner Anfang Februar ist Eigengewächs Nils Fuhrmann quasi Alleinunterhalter auf der Position. Diesen Job löst der 20-Jährige aber bisher mit Bravour und weist eine starke Wurfquote von 75,47 Prozent auf. Die Vertragsverlängerung bis 2026 ist ein klares Bekenntnis des Vereins.
Dahinter dürfte der Klub weiter auf Marvin Siemer, der nach dem Grüner-Wechsel per Zweitspielrecht von den Füchsen Berlin kam, bauen. Der U20-Nationalspieler hat bereits sein Potential angedeutet, dennoch fehlt ihm die Erfahrung. Die Besetzung ist somit (noch) nicht auf Bundesliga-Niveau.
Rückraum links
Die Königsposition ist eine große Baustelle im Kader der Potsdamer. Mittelmann Moritz Sauter, der häufig die Position eingenommen hat, verlässt den Verein in Richtung Hamburg. Er ist ein wichtiger Torgarant für das Team.
Diese Torgefährlichkeit geht seinen Positionskollegen ab. Marko Katic, Emil Hansson und Ole Schramm kommen zusammen bislang nur auf 27 Törchen. Während Hansson vor allem als Abwehrchef überzeugt, liegen die Hoffnungen auf Katic, der erst im Laufe der Saison gekommen war. Bundesliga-Niveau sieht - Stand jetzt - anders aus, wenngleich Maxim Orlov als weitere Option zur Verfügung steht.
Rückraum Mitte
In seiner ersten Saison in Deutschland hat Elias Kofler eingeschlagen wie eine Granate. Mit 73 Vorlagen ist er einer der besten Vorlagengeber der Liga und glänzt zudem als Torschütze. Dass er bereits für die EM nominiert wurde, untermauert den Aufschwung des 23-jährigen Österreichers.
Dahinter wirbelt Orlov nach seiner schweren Knieverletzung wieder. Zwar ist er erst 22 Jahre alt, allerdings beweist er regelmäßig seinen Wert für das Team. Somit ist Potsdam auf der Mitte gut besetzt und muss sich nicht verstecken.
Rückraum Rechts
Die große Frage auf dieser Position lautet: Wer ersetzt Max Beneke? Der U21-Weltmeister ist mit 264 Toren der beste Torjäger der zweiten Liga - und das mit deutlichem Abstand! Seine Zeit in Potsdam läuft ab, denn im Sommer wechselt er zurück nach Berlin.
Da auch Kapitän Karl Roosna den Klub in Richtung Großwallstadt verlassen wird, müssen sich die Fans auch hier an neue Gesichter gewöhnen. Von den Eulen Ludwigshafen kommt Jannek Klein, der von den Füchsen Berlin für ein Jahr ausgeliehen wird. Mit 143 Buden hat der 25-Jährige seine Qualitäten in der zweiten Liga bereits bewiesen.
Zudem kommt ebenfalls per Leihe von den Füchsen Nicolas Paulnsteiner. Der 19-Jährige ist einer der größten österreichischen Talenten und will sich nun in Deutschland beweisen. Unklar ist, wie schnell ihm der Sprung vom HC Linz gelingt.
Rechtsaußen
Deutlich besser sieht das Bild auf dem rechten Flügel aus. David Cyrill Akakpo hat seinen auslaufenden Vertrag um zwei Jahre verlängert und will nun auch verlässlich in der Bundesliga netzen.
Da Valter Chrintz nach seiner erneut schweren Verletzung langfristig ausfällt, hat der Klub noch eine Backup-Lösung präsentiert, denn Marcel Nowak geht nach Dessau. Von der zweiten Mannschaft der Füchse Berlin kommt Max Günther, der bereits in diesem Jahr immer wieder Einsatzzeiten bekommen hat.
Kreisläufer
Hausaufgaben müssen die Verantwortlichen auch auf der Kreisposition erledigen. Josip Simic hat mit 112 Toren fleißig Eigenwerbung betrieben und dürfte angesichts seines Alters von 23 Jahren einige Angebote bekommen, denn sein Arbeitspapier läuft im Sommer auf.
Dahinter wird es dünn. Joshua Thiele spielt solide, aber auch sein Kontrakt läuft aus. Derweil konnte Sergey Gorpishin seine Verpflichtung noch nicht rechtfertigen, sucht er nach seiner schweren Fußverletzung im Vorjahr noch seine Form. Somit hat lediglich Simic Bundesliga-Niveau unter Beweis gestellt.
Fazit
Der Klub hat in den kommenden Wochen noch ein paar Aufgaben zu erledigen, wenn er in der Bundesliga bestehen will. Durch die Kooperation mit den Füchsen Berlin dürfte allerdings auch für alle Positionen ein Zugriff auf entsprechende Nachwuchstalente als Absicherung vorhanden sein.
Dabei gilt es nicht zuletzt die Frage zu klären, wer den Trainerposten vom scheidenden Bob Hanning übernimmt. Diese Personalie dürfte letztlich auch darüber entscheiden, wie der Kader in der höchsten deutschen Spielklasse bestehen kann.
Sebastian Mühlenhof