08.04.2024, 14:53
"Nicht selbstverständlich"
Rekord bei der Generalprobe: Deutschlands Handballerinnen haben die EM-Qualifikation mit einem historischen Sieg abgeschlossen und starten voller Selbstbewusstsein in die Olympia-Mission. Das Team von Bundestrainer Markus Gaugisch deklassierte Israel am Sonntag in Heidelberg mit 46:9 (23:4) und feierte damit den höchsten Erfolg in der deutschen Länderspiel-Historie.
"Mir war nicht bewusst, dass es ein Rekordtor werden würde, aber es freut mich. Der Treffer war das i-Tüpfelchen auf einer tollen Mannschaftsleistung mit 46 Toren", erklärte Siebenmeterschützin Julia Maidhof und betonte: "Schön, dass wir drei Spiele ohne Leistungsabfall zeigen konnten. Jede Spielerin konnte sich einspielen und in den Flow komme, den wir benötigen. Nächste Woche werden wir jede einzelne Spielerin brauchen."
Erstmals überhaupt erzielte ein deutsches Frauen-Team mehr als 45 Tore in einem Spiel. Am 29.11.1991 hatte ein B-Nationalteam mit einem 45:9 über Estland den bisherigen Rekord aufgestellt, bei der Handball-WM 2007 gegen Paraguay (45:12) und in der Qualifikation zur Handball-EM 2010 gegen Italien (45:19) waren einer A-Nationalmannschaft vom DHB die alten Bestmarke gelungen.
"Den Rekord nehmen wir natürlich mit. Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden mit den drei Spielen, die wir jetzt gemacht haben. Es ist nicht selbstverständlich, es so konsequent zu Ende zu spielen, wenn man so deutlich überlegen ist. Das freut mich", sagte Gaugisch.
Im Spiel gegen Israel konnte der Bundestrainer in der ersten Halbzeit Leistungsträgerinnen wie Emily Bölk und Xenia Smits zunächst auf der Bank lassen, Torhüterin Katharina Filter oder Linksaußen Antje Döll nahmen gar nur auf der Tribüne Platz.
Israel war insgesamt kein wirklicher Prüfstein, nur beim 1:1 waren die Handballerinnen aus dem Nahen Osten auf Augenhöhe, die deutsche Deckung hatte hinten Beton angerührt, kam so zu schnellen Toren aus dem Umschaltspiel und ließ nur wenige Würfe für Torhüterin Dinah Eckerle zu. Gaugisch begann schon nach einer Viertelstunde mit den ersten Wechseln, dennoch brach die Leistung kaum merklich ab.
"Wir haben uns auf uns konzentriert und wollten uns ein gutes Gefühl holen. Dass der Sieg umso deutlicher ausgefallen ist, freut mich. Wir konnten nach dem gestrigen Duell noch in die Analyse gehen und unser Spiel taktisch anpassen, das haben wir auf dem Feld sehr gut umgesetzt und auch eine hohe Effizienz bewiesen, ein rundum gelungenes Spiel also", freute sich Rechtsaußen Meret Ossenkopp, die ihre Einsatzzeit in der ersten Hälfte zu fünf Treffern nutzte.
Im zweiten Durchgang rückte Sarah Wachter zwischen die Pfosten, beide Torhüterinnen kamen mit sechs bzw. fünf Paraden auf eine Fangquote von 60 bzw. 50 % gehaltener Bälle. Alles anderen Angriffe wehrte schon der Defensivverband ab.
"Das Angriffsspiel war auch in den vergangenen Partien schon gut, nun ist es wichtig, den Übergang zu schaffen aus schnellen Toren ins Angriffsspiel gegen formierte Gegner. Wenn wir ihnen auch dann wehtun können, sind wir einen Schritt weiter, und daran arbeiten wir nun", so Gaugisch.
"Wir wollten natürlich auch viel ausprobieren, haben Vorgaben vom Trainer bekommen und das haben wir gut umgesetzt. Wir können jetzt gut vorbereitet in die nächste Woche gehen", fasste Johanna Stockschläder die Partie zusammen und Emily Bölk, die vor dem Spiel offiziell noch als Handballerin des Jahres geehrt wurde, erklärte: "Uns war bewusst, dass wir diese Spiele in der EHF EURO Qualifikation als Favoriten bestreiten und dem wollten wir gerecht werden."
"Wir zeichnen uns dadurch auf, dass jeder eine Aufgabe übernehmen kann", so Spielmacherin Mareike Thomaier, die auch durch die Verletzung von Alina Grijseels in der Startformation auftauchte, nach der Partie bei Sport1. Kreisläuferin Julia Behnke, noch von einem blauen Auge gekennzeichnet, betonte gegenüber dem Fernsehsender, der auch am Donnerstag den Auftakt der Olympiaqualifikation überträgt: "Wir haben hier drei disziplinierte Auftritte gemacht und gezeigt, was wir uns vorgenommen haben. Die Breite, die wir in dem Kader haben, wird uns in der Quali zu gute stehen."
Die DHB-Auswahl fährt nun mit viel Rückenwind nach Neu-Ulm. Dort geht es ab Donnerstag in einem Vierer-Turnier mit Slowenien, Montenegro und Paraguay um das Ticket für die Sommerspiele in Paris. Sport1 überträgt den Auftakt am Donnerstag gegen Slowenien im Free-TV, die weiteren deutschen Partien überträgt die ARD. Zusätzlich im Stream wird auch Dyn alle Begegnungen übertragen. Es wäre die erste Olympia-Teilnahme für die DHB-Frauen seit 2008 in Peking.
chs, SID, dpa, DHB