29.03.2024, 08:00
Zweite Welle - Deine Handball-Kolumne
Die Rhein-Neckar Löwen müssen aufpassen, dass die dunkle nicht zu einer finsteren Saison wird. Lichtblick Uwe Gensheimer könnte dabei helfen, das zu verhindern. Auf dem Feld steht er vor dem Comeback. Im Sommer wartet dann eine noch viel schwerere Aufgabe auf ihn, meint Daniel Duhr in seiner Kolumne.
Die Hinweise verdichten sich, dass Uwe Gensheimer nach mehrmonatiger Verletzungspause am Sonntag beim Bundesliga-Spiel gegen Frisch Auf Göppingen sein Comeback geben könnte. Ganz sicher zur Freude von Löwen-Coach Sebastian Hinze, der in der aktuellen Saison jedes Qualitäts-Upgrade dankend annehmen wird.
Nicht nur beim Trainer dürfte die Rückkehr des Edeltechnikers die Laune heben. Auch die in dieser Spielzeit leidgeplagten Fans der Rhein-Neckar Löwen werden ihren Linksaußen frenetisch auf der Platte zurück begrüßen. Und mit ihm jede Menge Tore. Jede Menge schöne, mitunter sehr schöne und der Physik trotzende Tore. Was wäre nach dieser bislang frustrierenden Saison mehr Balsam auf die Löwen-Seele, als ein paar Kirmes-Tore und ein paar Dreher-Treffer von der Eckfahne?
Genau so könnte es doch kommen: Uwe Gensheimer zirkelt, zwiebelt und zaubert die Bälle ins Tor. Ganz wie in alten Zeiten. Was für tolle Bilder. So schön kann der Handball sein - auch in Mannheim.
Das aktuelle Bild in der SAP-Arena ist ein ganz anderes. Und es ist ganz sicher kein schönes. Der Kader hat sich als unausgewogen und für die eigenen Ansprüche ungenügend erwiesen. In der Liga ist man erstaunlich nah an den Abstiegskampf herangerückt. Und in der European League kann der aktuelle DHB-Pokalsieger die Saison zwar noch aufhübschen, retten aber wohl eher nicht mehr.
Für Gensheimer, der am Saisonende bei den Löwen von der Rolle des sportlichen Spielers in die des Sportlichen Leiters wechselt, stehen damit zwei Aufgaben an. Kurzfristig soll er als absoluter Weltklasse-Linksaußen und mit der Erfahrung aus über 200 Länderspielen helfen, auch die Liga vernünftig zu Ende zu spielen und nicht doch noch in den Abstiegsstrudel gezogen zu werden. Das macht er - wenn er wieder fit ist - locker aus dem Handgelenk.
Was wäre das eigentlich im Liga-Endspurt für eine Flügelzange? Gensheimer auf Linksaußen, Tobi Reichmann auf Rechtsaußen: Das sind zusammen allein elf Meistertitel, drei Champions-League-Trophäen und ein EHF-Pokal-Triumph. Oder 1.212 Tore für die Nationalmannschaft, eins (Gensheimer-Handgelenk-kurz-ausgeklinkt-Dreher) schöner als das andere (Reichmann-Hubschrauber-Verzögerungs-Tor-mit-links). Wer weiß, wohin das in der European League noch führt - zumal dann, wenn die beiden Routiniers den Rest der Mannschaft mitziehen.
Deutlich schwieriger wird Gensheimers neue Aufgabe ab Sommer. Dann gilt es, als Sportlicher Leiter die Personalpolitik auf den Prüfstand zu stellen und entsprechend zu korrigieren und schnellstmöglich eine konkurrenzfähige Truppe aufstellen. Und zwar so schnell, dass hochveranlagte Spieler wie ein David Späth zum Beispiel nicht den Begehrlichkeiten erliegen. Den Begehrlichkeiten, die ganz sicher andere Klubs wecken werden. Nicht nur mit finanziellen Mitteln, nein. Vielmehr auch mit der Perspektive, international zu spielen - was ja aus Löwen-Sicht aktuell nicht unbedingt wahrscheinlich ist für die kommende Saison.
Im Prinzip geht es für Gensheimer diesbezüglich nur darum, den eigenen Ansprüchen wieder gerecht zu werden. Nur. Das sagt sich so leicht. Denn weil in der stärksten Liga der Welt auch die anderen 17 Vereine nicht schlafen und fleißig ihre Hausaufgaben machen werden im Sommer, ist das alles andere als einfach. Da wird Gensheimer einiges auf links drehen müssen. Aber Dreher kann er ja. Bleibt ihm zu wünschen, dass er auch außerhalb der Platte und ohne ein Pfund Harz an den Fingern ein glückliches Händchen haben wird.
In Zweite Welle schreibt Bestseller-Autor Daniel Duhr regelmäßig über aktuelle Handballthemen auf und neben der Platte. Und lädt Euch damit zur Diskussion ein. Welchen Standpunkt vertretet Ihr? Wir freuen uns auf Eure Meinungen!
Daniel Duhr ist Autor der Reihe "Handballhölle", die allesamt zu Bestsellern geworden sind. Ebenso wie das kurz vor der EM erschienene Buch "Bock auf Handball", in dem Persönlichkeiten aus dem Handball wie Silvio Heinevetter oder Bob Hanning interessante Geschichten aus dem Handball erzählen und Bennet Wiegert beispielsweise über eine Auswärtstour nach Sibirien berichtet.
Weitere Kolumnen von Daniel Duhr:
27.03.24: Natürlich wird der THW Kiel Deutscher Meister
15.03.24: Lieber Domagoj Duvnjak, …
07.03.24: Liebesgrüße aus der Halle
29.02.24: Geld wirft Tore - aber wie lange?
21.02.24: Günstigstes Final-Four-Ticket kostet 75 Euro - das sind 150 Mark!
14.02.24: Rettet Andi Wolff den THW Kiel
06.02.24: Der SC Magdeburg wird Deutscher Meister, wenn ...
02.02.24: Keine Zeit für Müdigkeit
29.01.24: Nehmt Alfred Gislason in Manndeckung
17.01.24: 1, 2 oder Dyn?
11.01.24: Einmalig, oder?
Daniel Duhr