05.04.2024, 08:54
Zweite Welle - Deine Handball-Kolumne
Ich bin so froh, Dich demnächst nicht mehr so oft sehen und nicht mehr so oft hören zu müssen. Wieso? Das kann ich Dir gerne sagen, denn eigentlich ist es lange überfällig.
Kolumne von Daniel Duhr
Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht in irgendeinem Medium auf irgendeinem Kanal Dein Gesicht sehe. Wie Du in Pullovern, die Dir vermutlich der Louvre schickt, irgendein Thema aufmachst, zumachst oder kommentierst.
Als TV-Experte und Talkshowgast, auf Facebook und Insta, bei den Füchsen und bei den Adlern, in Deiner kicker-Kolumne oder jetzt sogar schon in meiner Kolumne. Ständig bist Du präsent, Handball-Deutschland wird von Dir ins Bett gebracht und ein paar Stunden später wieder aufgeweckt. Gute Nacht, Bob. Guten Morgen, Bob.
Als Wolff-Christoph Fuss um die Jahrtausendwende herum als Fußballkommentator auftauchte, empfand ich seine Art als frisch, frech und angenehm anders. Level eins, sozusagen: neu, ab und an ein Spiel, besonders, schalte ich gerne ein. Mittlerweile hat er in meiner persönlichen Bewertung Level zehn freigeschaltet: nicht mehr neu, gefühlt jedes Spiel am Mikro, schalte ich gerne um.
Damit steht er jetzt bei mir allein schon durch seine Überpräsenz in einer Reihe mit anderen überprominenten Prominenten wie Oli Pocher und Co., der Weihnachtskapelle Wham! und Rainer Schuster*, jenem Bezirksliga-Schiedsrichter, der mir seit über 30 Jahren in jedem Spiel mindestens einmal Schritte (obwohl ich bei ihm konsequent nur noch maximal zwei mache) und einmal Kreis-ab (obwohl ich bei ihm konsequent bei sieben Metern abspringe) abpfeift. Es ist mir einfach zu viel, was wahrscheinlich mehr an mir als an ihnen liegt. Außer bei Wham! natürlich.
Wenn ich jetzt vergleiche, wie oft ich nicht schnell genug wegdrücke, -wische, -swipe oder -klicke, um den Vorgenannten zu entkommen, und wie oft ich Dich, lieber Bob, aus irgendeinem Reel grüßen oder aus irgendeinem Podcast poltern höre, dann bist Du in Level zwölf angekommen. Kurz vor dem Endgegner, Bowser wartet schon auf Super Bob. Mario war nicht super genug und ist mit Luigi auf der Strecke geblieben, nur Du kannst Prinzessin Peach noch retten.
Schnell zurück zum Thema und raus aus dem Nintendo-Vergleich, rein in den Handball-Alltag. Du kommentierst alles und jeden, reibst Dich mit Hinz und Kunz und wirfst teflonbeschichtet jeden Tag ein neues Handball-Eisen ins Feuer. Sobald sich der erste Knöterich im Vorgarten von Handball-Deutschland ausbreiten will, kommst Du mit dem Spaten und gräbst das ganze Grundstück um.
Und sollte mal zwischenzeitlich Ruhe herrschen und kein Personalthema, keine Trainerdiskussion und keine Grundsatzfrage auf der handballerischen Tagesordnung stehen, kommst Du eben mit einer neuen Idee wie dem "Team Deutschland" um die Ecke. Nicht, dass die Handball-Altvorderen noch kurz durchschnaufen oder sich gar zurücklehnen.
Das alles sorgt natürlich bei Verbänden und Vereinen, Spielern, Funktionären und Fans immer wieder auch für Gegenwind. Für Unmut, für Contra und für - nicht immer nur inhaltliche - Kritik. Und auch ich freue mich sehr, dass ich Dich in Kürze nicht mehr so oft sehen muss - nicht mehr so oft in Liga zwei. Denn Deine Potsdamer spielen künftig in Liga eins. Auch, wenn Du selbst bei einem Sieg über Bietigheim noch keine Glückwünsche annehmen wirst.
Dadurch wird der mediale Fokus auf Deine Person, auf Deine Arbeit rund um Potsdam, die Füchse, das Team Deutschland und die vielen Projekte und Ideen, die ganz sicher noch folgen, noch größer. Also werde ich Dich noch öfter sehen müssen. Bonuslevel 13. Und das ist gut so. Warum? Fangen wir nochmal vorne an.
Bunte Pullover im oft genug eher grauen Deutschland sind super, zumal es wirklich wichtigere Themen gibt. Ein Handballpost von Dir als Betthupferl oder zum Frühstück bringt mich weiter als die meisten, oft belanglosen Random-Postings vieler teils selbsternannter Influencer.
Prinzessin Peach ist in Wahrheit der deutsche Handball. Dem Gegenwind, den Du säst, folgt oft ein reinigendes Gewitter mit guten Aussichten. Und wer einmal selbst Knöterich hat wachsen lassen, weiß, dass Knöterich der Lukas Mertens des Unkrauts ist: den fängt niemand mehr ein.
Du verbrennst Dir mit Ansage deine Finger, um danach mit Deinen Händen wieder etwas Gutes für den deutschen Handball zu schaffen. Du wickelst die relevanten Player um deinen Finger, um sie dann nicht als Marionetten, sondern als wichtige Figuren strategisch klug auf Deinem Schachbrett einzusetzen. Und Du legst Deinen Finger in die Wunde - nicht, um da, wo es schiefläuft, noch mehr Schmerz zu erzeugen, sondern um die Blutung zu stoppen und kleinere Projekte wie auch das große Ganze gesunden zu lassen.
Was Du als Architekt unserer U21-Weltmeister gebaut hast, wie Du aus einem klammen Zweitligisten einen zweifachen Vereinsweltmeister gemacht hast und wie Du jedes Mal aufs Neue auch die unangenehmen und damit meist wichtigsten Themen gnadenlos auf die Tagesordnung setzt - das ist beispiellos im deutschen Handball.
Deswegen an diesem Freitagmorgen, vor dem Vier-Punkte-Spiel Deiner Adler, von mir mal ein paar Zeilen ganz ohne Gegenwind. Und damit: Guten Morgen, Bob.
*Name geändert, damit ich nicht nur noch Zeitstrafen bekomme …
In Zweite Welle schreibt Bestseller-Autor Daniel Duhr regelmäßig über aktuelle Handball-Themen auf und neben der Platte. Und lädt Euch damit zur Diskussion ein. Welchen Standpunkt vertretet Ihr? Wir freuen uns auf Eure Meinungen!
Daniel Duhr ist Autor der Reihe "Handballhölle", die allesamt zu Bestsellern geworden sind. Ebenso wie das kurz vor der EM erschienene Buch "Bock auf Handball", in dem Persönlichkeiten aus dem Handball wie Silvio Heinevetter oder Bob Hanning interessante Geschichten aus dem Handball erzählen und Bennet Wiegert beispielsweise über eine Auswärtstour nach Sibirien berichtet.
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Daniel Duhr