13.04.2024, 10:49
Zweite Welle - Deine Handball-Kolumne
Dem übereventisierten Handball täte ein bisschen mehr Handball und ein bisschen weniger Inszenierung ganz gut. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Eckfahnen-Challenge gegen Kretzsche oder einem Armdrücken gegen Oli Roggisch? Eine Kolumne von Daniel Duhr.
Die Handball Bundesliga GmbH bewirbt das an diesem Wochenende stattfindende Pokalfinale, das übrigens schon lange nicht mehr Pokalfinale heißt, als "das Premium-Event des deutschen Clubhandballs, bei dem vier Top-Teams in der LANXESS arena Köln um den begehrten DHB-Pokal kämpfen".
Und tatsächlich: Bei jenem "REWE Final4" treten mit dem SC Magdeburg, den Füchsen Berlin und der SG Flensburg-Handewitt die drei aktuell besten deutschen Mannschaften an, ergänzt um die MT Melsungen als nicht zu unterschätzender Außenseiter.
Eigene Pokal-Gesetze und so. Der Veranstalter verspricht "auch in diesem Jahr wieder eine einzigartige Atmosphäre mit einem bunten Rahmenprogramm für die gesamte Familie".
Einzigartige Atmosphäre und buntes Rahmenprogramm? Klingt beides erstmal nicht schlecht. Könnte aber auch beides eine Marketing-Chiffre für die von vielen kritisierte Überinszenierung und Übereventisierung einer an sich doch sich selbst genügenden Sportveranstaltung sein.
Der Erste, Zweite, Dritte und Fünfte der stärksten Liga der Welt messen sich an zwei Tagen in vier Spielen im Kampf um eine Trophäe. Braucht es da zusätzlich zu der fantastischen Stimmung, für die die Mannschaften auf der Platte und die Fans und Fanclubs auf den Rängen sorgen, noch die künstliche, durchchoreographierte Jahrmarkt-Atmosphäre?
Müssen zu den erwarteten 20.000 Handball-Fans auch noch der Anton aus Tirol, der Theo aus Lodz und die atemlose Helene eingeladen werden?
Dass heute beinahe jede Veranstaltung zu einem Event erklärt wird, liegt an einer nach Mehrwerten eifernden Gesellschaft und den sie bedienenden, nach Mehreinnahmen eifernden Veranstaltern.
Und vielerorts hat man sich an das "Höher, schneller, weiter" auch gewöhnt und nimmt die Aktionsstände, die Trikotkanonen, die Partymusik und das sonstige Brimborium rund um das eigentliche Hauptevent - den DHB-Pokal - nicht mal mehr als etwas Besonderes wahr. Umso erfrischender, wenn Fan-Vertreter immer wieder mal in aller Deutlichkeit darauf hinweisen, um was es eigentlich geht: Handball.
Wie wäre es denn, das Rahmenprogramm wieder ein kleines bisschen näher an den Handball heranzurücken? Angefangen mit vernünftigen Gewinnen zum Beispiel. Bälle, Trikots der teilnehmenden Mannschaften, unterschriebene Selfies und Freikarten für künftige Spiele, die sich ausgewählte Fans in kurzweilig kommentierten und moderierten Duellen mit unseren Handballern erspielen können?
Siebenmeterwerfen auf das Tor von Henning Fritz, Eckfahnen-Dreher-Challenge gegen Stefan Kretzschmar, Armdrücken gegen Oli Roggisch oder "Wer-zuerst-lacht-hat-verloren-mit-Wasser-im-Mund" gegen Mimi Kraus. Ein Hallensprecher, die Technik und die deutsche Handballprominenz sind doch eh alle in der Halle und normalerweise für jeden Spaß zu haben.
Dass eine gute Show und gute Musik den Rahmen geben - wenn beides im Rahmen bleibt -, ist doch völlig in Ordnung. Solange der Sport vernünftig darin eingebettet ist und eben nicht zum monetarisierten Nebenprodukt verkommt. Das Wichtigste ist und bleibt nämlich der Handball.
In Zweite Welle schreibt Bestseller-Autor Daniel Duhr regelmäßig über aktuelle Handball-Themen auf und neben der Platte. Und lädt Euch damit zur Diskussion ein. Welchen Standpunkt vertretet Ihr? Wir freuen uns auf Eure Meinungen!
Daniel Duhr ist Autor der Reihe "Handballhölle", die allesamt zu Bestsellern geworden sind. Ebenso wie das kurz vor der EM erschienene Buch "Bock auf Handball", in dem Persönlichkeiten aus dem Handball wie Silvio Heinevetter oder Bob Hanning interessante Geschichten aus dem Handball erzählen und Bennet Wiegert beispielsweise über eine Auswärtstour nach Sibirien berichtet.
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Daniel Duhr